Diese Lebendigkeit und Vielfalt ist in Gefahr! Eine spürbare Leere macht sich auf den Märkten breit. Vor gut einem Jahr verschwanden die Marktpolizisten, die den Marktbetrieb und die Vielfalt der Marktstände niederschwellig und im direkten Kontakt mit den Marktfahrenden regelten. Aufgrund einer Reorganisation bei der Gewerbepolizei wurde diese öffentliche Dienstleistung gestrichen.
Die Folge davon sind leere Plätze und eine schwindende Vielfalt auf den städtischen Märkten. Die Tagesverkäufer*innen mit ihren etwas spezielleren, saisonaleren Angeboten und den weniger normierten Marktständen fallen weg. Wenn Standinhaber*innen mit fixem Jahresplatz in der Zwischensaison einige Wochen fehlen, bleiben ihre gemieteten Standplätze leer. Lediglich einige wenige, für den Tagesverkauf reservierte Randplätze wurden über ein online-Formular verlost. Und selbst diese ungenügende Minimallösung hat die Marktpolizei seither mit Verweis auf Covid gestrichen. «Zu wenig Platz!», so die Begründung. Dabei hat es rund um den Geiserbrunnen beim Bürkliplatz, genauso wie auf dem Helvetiaplatz, durchaus genügend Platz, auch unter Einhaltung der Abstandsregeln.
Noch schlimmer steht es um den Flohmarkt auf dem Bürkliplatz. Seit Jahren wird dort die Anzahl der Tagesplätze schrittweise reduziert. Seit Corona werden auch hier keine Tagesplätze mehr vergeben, obwohl genügend Platz vorhanden wäre. Der neuste Angriff der Polizei toppt jedoch Alles! In diesem Jahr hat die Polizei damit begonnen, die Preisanschriften auf dem Flohmarkt ganz genau zu kontrollieren. Wer trotz Verwarnung nicht jedes einzelne zum Verkauf ausliegende Ding mit einem Preisschild versieht, wird mit 200 Fr. gebüsst!
Das Gesetz regelt die Preisenbekanntgabepflicht schon lange, davon ist auch der Flohmarkt nicht ausgenommen. Es ist aber üblich, dass die Preise auf Flohmärkten nur teilweise angeschrieben werden. Auch die Stadtpolizei anerkannte bisher, dass die Preise am Flohmarkt direkt bei der anwesenden Person erfragt werden konnten. Es genügte, die Preise pro Kiste oder Kleiderständer anzuschreiben. Migros und Coop schreiben auch nicht jedes einzelne Joghurt an. Das funktioniert und gab keinen Anlass zu Beschwerden.
Der Grund für das neue Pflichtbewusstsein der Polizist*innen ist wohl ein anderer – die am 1. Januar 2020 in Kraft getretene neue Ordnungsbussenverordnung des Bundes. Sie vereinfacht das Bussenverteilen. Früher war in diesem Fall eine Anzeige nötig, seit diesem Jahr kann eine einfache Ordnungsbusse ausgestellt werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt! Ob die Stadtpolizei mit ihrer Anwendung auch im Geiste der Ordnungsbussenverordnung des Bundes handelt, bezweifle ich. Fehlende Marktstände, vertriebene Tagesverkäufer*innen und drangsalierte Flohmi-Teilnehmende sind Verfallserscheinungen, die gestoppt werden müssen!
(Dieser Text erschien ursprünglich in der P.S. Zeitung)